Zum 40 Jahr-Jubiläum 1989 der Güdelmontag-Rott Schwyz wurden „Notizen zur wechselvollen Geschichte der „Dorfbächler-Rott“ in einer Chronik festgehalten (siehe Shop). Nachfolgend ein Ausschnitt aus diesem Heft:

 

 

Und die Trommler kamen nicht…

 

Dass die Gründung einer Fasnachtsgesellschaft nicht in jedem Fall nur humoristisch-närrischen Motiven entspringen muss, belegt die wechselvolle Geschichte der Schwyzer „Güdelmontag-Rott“. Dem Hauptinitianten und Mitbegründer der „Güdelmontagmorge-Rott“, Franz Steiner-Schuler, war es ein Anliegen, die Schwyzer Strassenfasnacht vor allem am Morgen des Güdelmontags wieder zu beleben. 1949 (und nicht 1948, wie in anderen Aufzeichnungen festgehalten) stellte er darum eine „Güdelmontagmorge-Rott“ mit zwölf Maschgraden zusammen.

 

Diese machte sich im Restaurant „Alpenrösli“ bereit, wurde aber von den Tambouren der „Gesellschaft zur Hebung alter Sitten und Gebräuche“ (heute „Schwyzer Nüssler“) nicht, wie offenbar vereinbart worden war, abgeholt. Über dieses Vorkommnis, das jahrelange Spannungen zur Folge hatte, zirkulierten bisher verschiedene Gerüchte, so u. a. jenes, dass der legendäre Schwyzer Nüssler Karl Kälin vom Gütsch („General Gütsch“) den Auftrag gehabt hätte, die Trommler zu organisieren, es aber vergessen habe. Diese Erklärung wird heute allerdings als unzutreffend bezeichnet, war doch „Gütschkari“ damals Präsident der Nüssler. Und ältere Nüssler halten sogar entgegen, dass sich die Rott immer in der Maskengarderobe besammelt habe und die Maschgraden nie in einer Wirtschaft abgeholt worden seien. Dennoch: Das Ausbleiben der Tambouren war aus der Sicht damaliger Dorfbächler eben mehr als nur ein kleines Versehen mit dem Gewicht einer lässlichen Sünde, schon eher ein gesellschaftliches Delikt: Die „Dörfler“ hatten die „Dorfbächler“ sitzen gelassen! 

Entsprechend unverblümt bringt dann auch Franz Steiner seine persönlichen Erinnerungen sowie die spontane Reaktion von damals in einem Gespräch zum Ausdruck. Er berichtet in einer Tonbandaufzeichnung nicht nur über den Verlauf der Gründung der „Güdelmontagmorge-Rott“ am Mittefasten-Sonntag 1949 im Restaurant „Edelweiss“, sondern entkräftet gleichzeitig ein weiteres Gerücht, die „Güdelmontagmorge-Rott“ sei aus der einstigen „Grossgrinde-Zunft“ hervorgegangen.

 

Träger der Idee einer selbständigen Rott am Morgen des Güdelmontags waren anfänglich tatsächlich nur eingefleischte Dorfbächler: Vater Franz Steiner-Schuler und Sohn Franz Steiner-Gwerder, Alois Tschümperlin-Schorno, KarI Römer, Alois Auf der Maur-Bossert, Josef Letter-Truttmann und Alois Ehrler-Bolfing. Nicht umsonst spricht man heute noch von der „Dorfbächler-Rott“. Das närrische Treiben hatte bei den Gründern Vorrang, nicht die Vereinsadministration. So verwundert es nicht, dass über die Gründungsversammlung und die ersten drei Vereinsjahre nichts Schriftliches vorliegt oder Aufgezeichnetes verloren gegangen ist. Vergeblich sucht man in den Protokollen über die Jahresversammlungen der Schwyzer Nüssler und in den beiden Lokalzeitungen nähere Details über das Aufkommen einer zweiten Rott und die teils heftigen Auseinandersetzungen unter den beiden Gruppierungen. Das Thema zieht aber wie ein roter Faden durch die inzwischen vierzigjährige Vereinsgeschichte der Güdelmontag-Rott.

 

 

Ältestes Bilddokument der Güdelmontag-Rott von 1952: Es zeigt einen Besuch in Rickenbach der Güdelmontagmorgen-Rott. 

 

Ein früher Versuch, die beiden Gesellschaften zu vereinigen, wurde von den „Güdelmändigern“ am 16. Januar 1954 mit unmissverständlichen Bedingungen verknüpft. So verlangten sie, dass am Güdelmontagmorgen nur eine Rott vom Vereinslokal aus hätte wegziehen dürfen, am Nachmittag jedoch zwei. Die erste Rott mit Maschgraden vom Dorfbach und Zuzüglern sowie zwei Tambouren hätte sich im „Alpenrösli“ besammeln sollen, die zweite Rott an einem beliebigen Ort im Dorf oder Hinterdorf. Schliesslich schlugen die Dorfbächler vor, die beiden Rotten anschliessend auf dem Hauptplatz zu vereinigen oder sie dann getrennt eigene Routen gehen zu lassen. Abends hätten sich die Rotten an ihren Ausgangspunkt oder ins gemeinsame Gründungslokal zurückziehen müssen. Die Bedingungen verlangten ferner, die Routen jeder Rott gemeinsam schriftlich und verpflichtend festzulegen. Im Weitern wollten die Dorfbächler sicherstellen, dass die Tambouren aus der Kasse der Gesellschaft bezahlt würden, „damit dieselben zu einem anständigen Lohn kommen“. 

 

Älteres, nicht datiertes Bild einiger Maschgearden der Güdelmontag-Rott. Gut erkennbar sind der Mexikaner und die drei Drofbächler-Hudi. 

 

Ob so vielen Vorgaben scheiterten offenbar die Verhandlungen, heisst es doch im GV-Protokoll von 1955, die Aussprache sei wegen des „sturen Verhaltens“ der Nüsslergesellschaft ergebnislos verlaufen. Es folgte dann eine lange und teils mühsame Wegstrecke, bis die Routen der beiden Rotten gemeinsam abgesprochen, gegenseitige Besuche an den Generalversammlungen mit dem Recht auf Doppelmitgliedschaft möglich wurden und man schliesslich sogar regelmässig Kontakte pflegte. Wie die Initianten der Dorfbächler Rott berichten, sträubte sich nicht die Nüsslergesellschaft gegen die Gründung der „Güdelmontagmorgen-Rott“, sondern es sollen einige Obereifrige gewesen sein, die sich einen „privaten Kleinkrieg unter Maschgraden“ lieferten. Gleichzeitig wird aber immer wieder betont, dass gerade diese Spannungen und Neckereien die Ursache waren, dass die Güdelmändiger sich als Verein später nicht wieder auflösten. 

 

Quelle: Notizen zur wechselvollen Geschichte der „Dorfbächler-Rott“, 1989 (siehe Shop)